Mitarbeiterakten digital: Paperless-ngx als Schlüssel zu Compliance und Effizienz
Die Personalabteilung: Oft noch eine Bastion des Papierkriegs. Eingereichte Zeugnisse, Vertragsänderungen, Schulungsnachweise, Gehaltsabrechnungen – der Strom an Dokumenten, die einer Mitarbeiterakte hinzugefügt werden müssen, ist endlos. Und das Problem ist bekannt: Papierakten sind sperrig, schwer zu durchsuchen, anfällig für Verlust und bergen erhebliche Compliance-Risiken, speziell unter der DSGVO. Die Lösung liegt in der konsequenten Digitalisierung. Doch welches System bietet die notwendige Balance aus Leistungsfähigkeit, Sicherheit, Benutzerfreundlichkeit und nicht zuletzt, Kosteneffizienz für KMUs und größere Betriebe gleichermaßen? Paperless-ngx rückt hier zunehmend in den Fokus.
Vom Dokumenten-Chaos zur strukturierten Digitalakte
Bevor wir uns Paperless-ngx im Detail widmen, lohnt ein Blick auf die Kernanforderungen an ein DMS speziell für Mitarbeiterakten. Es geht nicht nur ums Scannen und Ablegen. Die Herausforderungen sind vielschichtig:
- Strikte Zugriffskontrolle: Mitarbeiterdaten sind hochsensibel. Das System muss granulare Berechtigungen ermöglichen – wer darf welche Akte einsehen, ändern oder sogar löschen? Die Regel „Need-to-know“ ist hier nicht verhandelbar.
- Einhaltung von Aufbewahrungsfristen: Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen, Beurteilungen – alle unterliegen unterschiedlichen, teils komplexen gesetzlichen Aufbewahrungspflichten. Ein gutes DMS muss diese Fristen automatisiert verwalten und Dokumente zeitgesteuert zur Löschung oder Archivierung markieren können.
- Effiziente Indizierung und Suche: Die schnelle Auffindbarkeit eines bestimmten Dokuments innerhalb einer Akte oder über Akten hinweg ist essenziell. Manuelle Verschlagwortung ist oft zu aufwändig; automatische Texterkennung (OCR) und intelligente Zuordnung werden zum Muss.
- Revisionssicherheit & Audit Trail: Wer hat wann welches Dokument eingesehen oder geändert? Nachvollziehbarkeit ist nicht nur für interne Kontrollen, sondern auch bei rechtlichen Auseinandersetzungen kritisch.
- Integration in bestehende Systeme: Nahtlose Anbindung an HR-Software (wie Personio, SAP HCM), E-Mail-Systeme oder ERP-Lösungen vermeidet Medienbrüche und Doppelerfassung.
- Langzeitarchivierung: Einige Dokumente müssen Jahrzehnte aufbewahrt werden. Das Format (vorzugsweise PDF/A) und die Speicherstrategie müssen dies sicherstellen.
Viele proprietäre DMS-Lösungen adressieren diese Punkte – oft verbunden mit erheblichen Lizenzkosten und komplexen Implementierungen. Hier setzt Paperless-ngx an.
Paperless-ngx: Mehr als nur ein Dokumentenscanner
Ausgehend vom ursprünglichen „Paperless“ hat sich Paperless-ngx als quelloffene, eigenhostbare DMS-Lösung einen exzellenten Ruf erarbeitet. Sein Fokus liegt klar auf der intelligenten Erfassung, Indizierung und Verwaltung vornehmlich von PDF-Dokumenten – perfekt also für den Kernbestand digitaler Personalakten. Aber was macht es speziell für diesen sensiblen Bereich interessant?
Die Stärken im Kontext HR
- Mächtige, automatisierte Erfassung: Der „Konsumierer“ (Consumer) ist das Herzstück. Er überwacht festgelegte Verzeichnisse (z.B. Scan-Ausgabeverzeichnis eines Multifunktionsgeräts, spezieller E-Mail-Eingang) und verarbeitet neue Dokumente automatisch. Dabei passiert Magie:
- OCR als Standard: Textinhalte werden aus gescannten Dokumenten oder Bild-PDFs extrahiert (Tesseract-OCR), durchsuchbar gemacht und oft sogar für die automatische Klassifizierung genutzt.
- Intelligente Zuordnung (Matching): Basierend auf Regeln (z.B. „Wenn im Dokument der Begriff ‚Arbeitsvertrag‘ vorkommt und ein Name aus der Mitarbeiterdatenbank gefunden wird“) können Dokumente automatisch der richtigen Akte (entsprechend einem „Korrespondenten“ in Paperless-Terminologie) und dem passenden Dokumententyp (Vertrag, Gehaltsabrechnung, etc.) zugeordnet werden. Tags für Abteilungen oder Standorte sind ebenfalls automatisierbar.
- Metadaten-Extraktion: Durch „Parser“ können spezifische Daten aus Dokumenten ausgelesen werden, z.B. Vertragsnummern, Vertragsbeginn/-ende aus standardisierten Vorlagen. Diese können dann als eigene Felder in der Akte gespeichert und durchsucht werden.
- Flexibles Tagging & Dokumententypen: Die Verschlagwortung mit Tags und die Vergabe von Dokumententypen (z.B. „Einstellungsunterlagen“, „Fortbildungszertifikat“, „Abmahnung“, „Betriebsrat“) schafft eine multidimensionale Ordnung, die reine Ordnerstrukturen weit übertrifft. Die Suche nach „allen Gehaltsabrechnungen von Mitarbeitern der IT-Abteilung aus 2023“ wird plötzlich trivial.
- Korrespondenten als Akten: Jeder Mitarbeiter wird in Paperless-ngx als „Korrespondent“ angelegt. Diese zentrale Entität bündelt alle zugehörigen Dokumente – die digitale Mitarbeiterakte entsteht. Die Verwaltung dieser Korrespondenten (Anlegen, Deaktivieren bei Austritt) ist einfach.
- Granulare Berechtigungen: Paperless-ngx bietet ein feingranulares Berechtigungssystem basierend auf Benutzergruppen. Sie können exakt steuern:
- Wer darf überhaupt Mitarbeiterakten (Korrespondenten) sehen?
- Wer darf Dokumente innerhalb von Akten hinzufügen, ändern oder löschen?
- Wer darf bestimmte Dokumententypen (z.B. nur Zeugnisse, nicht Abmahnungen) einsehen?
- Wer hat Verwaltungsrechte (Einstellungen, Benutzer)?
Dies ermöglicht die Abbildung strikter Zugriffshierarchien (HR-Leitung, HR-Sachbearbeiter, Fachvorgesetzte mit begrenztem Einblick, Mitarbeiter-Selbstservice).
- Aufbewahrungsrichtlinien: Eine Kernfunktion für die Compliance. Sie können pro Dokumententyp (z.B. „Bewerbungsunterlagen“, „Lohnsteuerunterlagen“) spezifische Aufbewahrungsfristen festlegen. Paperless-ngx überwacht diese automatisch. Dokumente, deren Frist abläuft, können zur manuellen Prüfung gekennzeichnet oder (nach konfigurierbaren Regeln und mit entsprechenden Berechtigungen!) automatisch gelöscht werden. Ein Audit-Log protokolliert diese Aktionen.
- Volle Kontrolle durch Self-Hosting: Sie hosten Paperless-ngx auf Ihren eigenen Servern oder in Ihrer bevorzugten Cloud (z.B. Docker-Container auf einem Linux-Server). Das bedeutet:
- Die hochsensiblen Mitarbeiterdaten verbleiben vollständig unter Ihrer Kontrolle und in Ihrer Infrastruktur.
- Unabhängigkeit von externen Anbietern und deren Preispolitik.
- Flexibilität bei Backup- und Sicherheitsstrategien.
- API & Potenzial für Integrationen: Die REST-API von Paperless-ngx öffnet Türen für Automatisierungen und Integrationen. Denkbar sind:
- Automatisches Anlegen/Deaktivieren von Mitarbeiterakten (Korrespondenten) bei Eintritt/Austritt aus dem HR-System.
- Import von Stammdaten in Paperless-ngx.
- Einbindung in bestehende Portale (z.B. direkter Dokumentenupload durch Mitarbeiter in ein Intranet).
- Kostenvorteil: Die Software selbst ist Open Source und kostenfrei. Kosten entstehen primär für die Hosting-Infrastruktur (Server, Storage) und den initialen Implementierungsaufwand.
Von der Theorie zur Praxis: Implementierung von Paperless-ngx für HR
Die Einführung eines DMS für Personalakten ist ein Projekt, das sorgfältige Planung erfordert. Mit Paperless-ngx sieht der Weg oft so aus:
1. Konzeption & Vorbereitung
- Datenkategorisierung: Welche Dokumententypen gibt es? Welche Aufbewahrungsfristen gelten für jeden Typ (ggf. rechtlich prüfen lassen!)? Welche Metadaten (Vertragslaufzeit, Art der Schulung…) sollen erfasst werden?
- Workflow-Analyse: Wie kommen Dokumente aktuell in die Akte? (Post, E-Mail, Scan, Upload)? Wie sollen diese Wege in Paperless-ngx abgebildet werden (Consumer-Einstellungen, Mailbox)?
- Berechtigungskonzept: Wer benötigt welche Zugriffsrechte? Rollen definieren (HR-Admin, HR-Sachbearbeiter, Manager, Mitarbeiter).
- Migrationsstrategie: Wie werden bestehende Papierakten und bereits digitale Dokumente (PDFs in Netzwerkordnern, E-Mails) überführt? Stichtagsdefinition, Priorisierung (z.B. zuerst aktive Mitarbeiter, dann Altakten), Ressourcenplanung.
- Technische Infrastruktur: Server-Dimensionierung (CPU für OCR, RAM, Storage-Kapazität – bedenken Sie Langzeitarchivierung!), Backup-Strategie (regelmäßig, getestet!), ggf. Hochverfügbarkeit. Docker vereinfacht die Installation erheblich.
2. Installation & Konfiguration
- Hosting-Einrichtung: Installation von Docker und Paperless-ngx auf einem Linux-Server (ausführliche Dokumentation vorhanden). Konfiguration von Netzwerk, Speicherpfaden.
- Grundkonfiguration: Einrichten von:
- Dokumententypen: Entsprechend der vorab definierten Kategorien (Arbeitsvertrag, Gehaltsabrechnung, Zeugnis, Schulungsnachweis…).
- Tags: Für Abteilungen, Standorte, Projekte oder andere relevante Gruppierungen.
- Aufbewahrungsrichtlinien: Zuweisung der Fristen zu den Dokumententypen.
- Benutzer und Gruppen: Anlegen der HR-Mitarbeiter und Definition der Gruppen mit entsprechenden Berechtigungen.
- Korrespondenten: Anlegen der Mitarbeiter als Korrespondenten (ggf. initialer Import per CSV möglich).
- Consumer: Konfiguration der Eingangspfade (Scan-Ordner, Mailbox) und der Verarbeitungsregeln (Matching, Parser). Hier liegt der Schlüssel zur Automatisierung! Zeitinvestition lohnt sich.
- OCR-Optimierung: Tesseract unterstützt viele Sprachen. Bei schlechter Scanqualität oder handschriftlichen Anteilen kann Feinjustierung nötig sein.
3. Migration & Pilotbetrieb
- Strukturierter Import: Dokumente werden in den Consumer-Eingangspfad gelegt. Paperless-ngx versucht, sie automatisch zuzuordnen. Manuelle Nacharbeit (Korrektur von Korrespondent, Typ, Tags) ist insbesondere zu Beginn unvermeidbar. Tools wie die „Split“-Funktion helfen bei mehrseitigen Dokumenten oder der Trennung zusammenhängender Scans.
- Pilotgruppe: Start mit einer kleinen Abteilung oder einem definierten Dokumentenstrom (z.B. nur neue Einstellungsunterlagen). Prozesse testen, Feinabstimmung der Regeln, Schulung der Anwender.
- Schulung: HR-Mitarbeiter müssen die Oberfläche (Suche, manuelles Hinzufügen, Bearbeiten von Metadaten, Berechtigungen) und die definierten Prozesse verstehen.
4. Rollout & kontinuierlicher Betrieb
- Phasenweise Ausweitung: Auf weitere Abteilungen, Dokumententypen oder die Migration von Altakten.
- Monitoring & Wartung: Überwachung der Systemleistung, Speicherplatz, OCR-Erfolgsquote. Regelmäßige Updates von Paperless-ngx einspielen (aktive Community, stetige Verbesserungen).
- Prozessoptimierung: Erfahrungen nutzen, um Automatisierungsregeln zu verbessern oder Workflows anzupassen.
Herausforderungen und kritische Betrachtung
Paperless-ngx ist kein Zaubermittel. Bei aller Begeisterung sind die Stolpersteine realistisch einzuschätzen:
- Initialer Aufwand: Die Konzeption, Installation, Feinjustierung der Automatisierung und Migration ist ressourcenintensiv. Der ROI entfaltet sich erst mittelfristig durch die eingesparte Suchzeit und reduzierte Fehleranfälligkeit.
- Qualität der Automatisierung: Die automatische Zuordnung (Matching) funktioniert umso besser, je strukturierter die Dokumente sind. Ein handschriftlicher Antrag oder ein ungewöhnlich formuliertes Schreiben kann das System leicht verwirren. Manuelle Nacharbeit bleibt ein Faktor, reduziert sich aber massiv gegenüber rein manuellen Systemen.
- OCR-Limitationen: Bei schlechten Scans (durchschimmerndes Papier, schwacher Kontrast), ungewöhnlichen Schriftarten oder handschriftlichen Notizen stößt auch Tesseract an Grenzen. Die durchsuchbare Textschicht (Layer) im PDF kann dann fehlerhaft sein. Qualitätskontrolle beim Scannen ist essenziell.
- Selbsthosting-Pflicht: Für Unternehmen ohne eigene IT-Ressourcen oder klare Cloud-Strategie kann der Betrieb des zugrundeliegenden Servers (inkl. Sicherheitsupdates, Backups) eine Hürde sein. Managed-Hosting-Angebote existieren, bürden aber wieder laufende Kosten auf.
- Komplexität für Endnutzer (Mitarbeiter-Selfservice): Die Paperless-ngx-Oberfläche ist funktional, aber primär für die Sachbearbeitung optimiert. Für einen intuitiven Selbstservice, bei dem Mitarbeiter eigene Dokumente (z.B. Fortbildungszertifikate) hochladen oder bestimmte Teile ihrer Akte einsehen sollen, ist oft eine zusätzliche Frontend-Entwicklung oder Integration in ein bestehendes Portal nötig.
- Langzeitarchivierung von PDF/A: Paperless-ngx speichert und zeigt PDFs an. Die Erzeugung von normkonformen PDF/A-Dateien für die revisionssichere Langzeitarchivierung liegt jedoch typischerweise beim Scan-Prozess oder muss nachgelagert erfolgen.
Dabei zeigt sich: Paperless-ngx glänzt besonders als Backend-Engine für die Dokumentenverwaltung. Es benötigt ggf. flankierende Maßnahmen oder Anpassungen für perfekte End-to-End-Prozesse im HR-Kontext.
Best Practices für den erfolgreichen Einsatz
Wie holt man das Maximum aus Paperless-ngx für die Personalakte?
- Standardisieren, standardisieren, standardisieren: Definieren Sie klare Vorlagen für häufig vorkommende Dokumente (z.B. Arbeitsverträge, Schulungsbestätigungen). Das erleichtert automatische Erkennung und Metadatenextraktion enorm. Einheitliche Benennungskonventionen für Dateien vor dem Import (wenn manuell) sind ebenfalls hilfreich.
- Investition in gutes Scannen: Hochwertige Scanner mit automatischer Dokumentenzuführung (ADF), guter Auflösung (300 dpi sind meist ausreichend) und Option zur doppelseitigen Erfassung beschleunigen den Prozess und verbessern die OCR-Qualität. Direktes Scannen in den Paperless-Consumer-Ordner via Netzwerk ist ideal.
- Dokumententypen und Tags sinnvoll einsetzen: Vermeiden Sie eine Inflation an Typen und Tags. Nutzen Sie Dokumententypen für die *Art* des Dokuments (Vertrag, Abrechnung…) und Tags für *Eigenschaften* (Abteilung, Standort, Projekt, „Prüfung notwendig“). Diese Trennung macht die Suche logischer.
- Matching-Regeln iterativ verbessern: Starten Sie mit einfachen Regeln (z.B. Mitarbeitername im Dateinamen oder Text). Analysieren Sie Dokumente, die falsch oder gar nicht zugeordnet wurden, und verfeinern Sie die Regeln Schritt für Schritt. Nutzen Sie Kombinationen von Bedingungen (Name UND Dokumententyp-Schlüsselwort).
- Parser für strukturierte Daten nutzen: Wenn Sie wiederkehrende Datenpunkte in standardisierten Dokumenten haben (Vertragsnummer, Beginn, Ende), entwickeln Sie einen Parser. Das spart manuelle Dateneingabe und ermöglicht Suche nach diesen Metadaten.
- Backup-Strategie ernst nehmen: Testen Sie regelmäßig die Wiederherstellung! Neben den Dokumenten selbst (PDFs) müssen auch die Datenbank (enthält Metadaten, Tags, Zuordnungen) und die Indexe (für die Suche) gesichert werden. Paperless-ngx bietet hierfür integrierte Werkzeuge.
- Community nutzen: Die Paperless-ngx-Community (GitHub, Discord) ist aktiv und hilfsbereit. Viele Herausforderungen wurden bereits diskutiert und gelöst.
- Phasenweise Migration: Versuchen Sie nicht, alle Altakten auf einmal zu migrieren. Starten Sie mit „Living Documents“ (Akten aktiver Mitarbeiter) und neuen Eingängen. Migrieren Sie Altakten nach und nach, priorisiert nach Zugriffshäufigkeit oder gesetzlichen Anforderungen.
Paperless-ngx im Ökosystem: Integrationen und Erweiterungen
Die wahre Stärke eines modernen DMS entfaltet sich oft erst im Zusammenspiel mit anderen Systemen. Paperless-ngx bietet hier dank API und aktiver Community Ansätze:
- HR-Software: Die Königsdisziplin. Idealerweise werden neue Mitarbeiter automatisch als Korrespondenten in Paperless angelegt, bei Austritt deaktiviert. Dokumente aus dem HR-System (generierte Verträge, Berichte) könnten direkt in die entsprechende Akte in Paperless übertragen werden. Dies erfordert i.d.R. Custom-Development mittels der REST-API.
- E-Mail-Integration: Paperless kann E-Mails aus einem Postfach abholen und die Anhänge (PDFs) verarbeiten. Für die Personalakte relevant: Eingehende Zeugnisse, Kündigungen oder sonstige Korrespondenz per Mail lassen sich so automatisch in die richtige Akte einsortieren. Der Mail-Body kann ggf. mitverarbeitet werden.
- Cloud Storage / Network Shares: Bestehende digitale Dokumente in Ordnern können über den Consumer importiert werden. Vorherige Strukturierung (z.B. ein Ordner pro Mitarbeiter) kann durch entsprechende Matching-Regeln (Dateipfad enthält Mitarbeitername) genutzt werden.
- Mobile Erfassung: Apps wie „Scanbot“ oder „Adobe Scan“ können hochwertige Scans direkt auf dem Smartphone erstellen und in einen Cloud-Speicher (z.B. Nextcloud) oder per E-Mail senden. Von dort kann Paperless sie konsumieren und verarbeiten – nützlich für das Erfassen von Dokumenten im Homeoffice oder bei Außenterminen.
- Erweiterte Oberflächen: Für spezifische Anwendungsfälle wie den Mitarbeiter-Selfservice können Frontend-Entwickler auf die API zugreifen, um eine angepasste Benutzeroberfläche zu bauen, die nur bestimmte Funktionen (Dokument hochladen, eigene Abrechnungen einsehen) ermöglicht.
Ein interessanter Aspekt ist die wachsende Zahl von Drittanbieter-Erweiterungen und Skripten in der Community, die spezielle Funktionen hinzufügen oder Workflows automatisieren.
Rechtssicherheit und Datenschutz: Nicht verhandelbar
Bei der digitalen Führung von Mitarbeiterakten stehen Rechtssicherheit und Datenschutz an erster Stelle. Paperless-ngx bietet die technischen Grundfunktionen, deren Umsetzung liegt jedoch beim Betreiber:
- DSGVO-Konformität:
- Datenminimierung: Nur notwendige Dokumente erfassen. Altlasten nach Fristablauf konsequent löschen (Aufbewahrungsrichtlinien!).
- Zweckbindung: Dokumente dürfen nur für klar definierte, legitime Personalzwecke genutzt werden.
- Technisch-organisatorische Maßnahmen (TOM): Paperless liefert mit Verschlüsselung (im Transport via HTTPS, optional auch für gespeicherte Daten), starken Authentifizierungsmethoden und dem Berechtigungssystem wichtige Bausteine. Ergänzend sind organisatorische Maßnahmen (Benutzer-Schulungen, Passwortrichtlinien, Verfahrensverzeichnis) und physische Sicherheit des Servers zwingend.
- Betroffenenrechte: Paperless unterstützt die Umsetzung von Auskunftsanfragen (Suche nach allen Dokumenten zu einer Person) und Löschungsaufträgen (nach Prüfung der Fristen). Protokollierung (Audit Log) ist essenziell für die Nachweisbarkeit.
- Revisionssicherheit (GoBD / GDPdU): Für steuerrechtlich relevante Dokumente (Gehaltsabrechnungen, Lohnsteuerunterlagen) gelten besondere Anforderungen an die revisionssichere Archivierung (Vollständigkeit, Unveränderbarkeit, Ordnungsmäßigkeit, Nachvollziehbarkeit, Zugriffssicherheit). Paperless-ngx allein erfüllt dies nicht automatisch. Entscheidend sind:
- Die Verwendung des PDF/A-Formats für die Langzeitarchivierung.
- Ein sicher konfiguriertes und betriebenes System mit deaktivierten Löschrechten für archivierte Bereiche und umfassender Protokollierung aller Änderungen/Zugriffe.
- Ein schlüssiges Gesamtkonzept inklusive organisatorischer Richtlinien und regelmäßiger Prüfungen. Konsultieren Sie hier ggf. einen Steuerberater oder Fachanwalt.
- Betriebsrat: Die Einführung eines DMS für Mitarbeiterakten ist regelmäßig mitbestimmungspflichtig gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Arbeitnehmer). Der Betriebsrat muss beteiligt werden. Transparenz über Funktionsweise, Zugriffskonzept und Kontrollmöglichkeiten ist entscheidend für eine erfolgreiche Mitbestimmung.
Nicht zuletzt: Dokumentieren Sie Ihre Prozesse und Konfigurationen im Umgang mit Paperless-ngx für die Personalakten. Dies ist nicht nur für Audits, sondern auch für die Nachhaltigkeit bei Personalwechsel wichtig.
Fazit: Ein leistungsfähiges Werkzeug für den digitalen Personalwandel
Paperless-ngx ist kein fertiges, in Stein gemeißeltes HR-Dokumentenmanagement-System. Es ist ein äußerst flexibles und mächtiges Werkzeug, das die Basis für eine effiziente, sichere und compliant digitale Mitarbeiterakte legt. Sein größter Vorteil ist die Kombination aus starker Automatisierung (OCR, Matching, Parser), durchdachten Kernfunktionen (Berechtigungen, Aufbewahrungsrichtlinien), der Kontrolle durch Self-Hosting und der Kostenfreiheit der Software.
Der Erfolg hängt maßgeblich von der sorgfältigen Planung, Konfiguration und Integration in die bestehenden HR-Prozesse ab. Der initiale Aufwand ist nicht zu unterschätzen, insbesondere für die Migration und die Feinjustierung der Automatisierung. Die Investition lohnt sich jedoch durch signifikante Effizienzgewinne bei der Dokumentenverwaltung und -suche, reduzierte Compliance-Risiken und eine zukunftssichere, skalierbare Basis für die digitale Personalarbeit.
Für Unternehmen mit vorhandener IT-Expertise oder dem Willen, diese aufzubauen, stellt Paperless-ngx eine überzeugende Alternative zu teuren proprietären Lösungen dar. Es ermöglicht die Ablösung der papiergebundenen Vergangenheit durch eine moderne, durchsuchbare und sichere digitale Aktenführung – nicht nur für die Personalabteilung, sondern letztlich für das gesamte Unternehmen ein Schritt in Richtung papierloser Organisation. Der Weg dorthin erfordert Arbeit, aber mit Paperless-ngx steht ein Werkzeug bereit, das diesen Weg technisch hervorragend unterstützt. Dabei zeigt sich immer wieder: Die größte Herausforderung liegt oft weniger in der Technik selbst, als in der konsequenten Standardisierung der Dokumentenprozesse und der Schulung der Anwender.