Paperless-ngx: Bankbelege digital im Griff statt im Chaos

Paperless-ngx: Die Bankbeleg-Archivierung auf dem Prüfstand

Die Kontoauszüge türmen sich, Kreditkartenabrechnungen flattern ins Haus, Belege für Online-Überweisungen verstecken sich im Mail-Postfach. Wer im betrieblichen Alltag mit der Archivierung von Bankbelegen kämpft, kennt das Szenario nur zu gut. Papier ist ein Albtraum für die Organisation, aber auch reine PDF-Sammlungen auf der Festplatte oder im Netzwerklaufwerk mutieren schnell zum digitalen Chaos. Genau hier setzt Paperless-ngx an – nicht als allheilbringende Wunderwaffe, aber als ein Werkzeug, das bei konsequenter Anwendung die betriebliche Dokumentenverwaltung, speziell für finanzrelevante Unterlagen, revolutionieren kann.

Das PDF-Problem: Mehr als nur digitale Aktenberge

Oberflächlich betrachtet scheint die reine PDF-Archivierung eine Lösung: Papier wird gescannt, digitale Belege direkt abgelegt. Doch dieser Schein trügt gewaltig. Ein Haufen unstrukturierter PDFs ist kaum besser als ein Papierstapel. Die entscheidenden Fragen bleiben unbeantwortet: Welcher Beleg gehört zu welchem Geschäftsvorfall? Wann genau fiel die Buchung? Ist die Rechnung schon bezahlt? Wer sucht stundenlang nach *dem* einen Kontoauszug vom letzten Juli?

Herausforderungen im Detail:

1. Auffindbarkeit ade: Die Suche nach einem spezifischen Beleg gestaltet sich zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Dateinamen wie „Kontoauszug_2023.pdf“ oder „Beleg_001.pdf“ sind nutzlos. Volltextsuche innerhalb der PDFs? Funktioniert nur, wenn die Dokumente durchsuchbaren Text enthalten – bei gescanntem Papier ohne OCR ein aussichtsloses Unterfangen.

2. Kontext? Fehlanzeige! Ein isoliertes PDF-Dokument liefert selten ausreichend Kontext. Welche Korrespondenz gehört dazu? Gab es Gutschriften oder Stornierungen? Ohne Verbindung zwischen verwandten Dokumenten bleibt die Historie lückenhaft.

3. Compliance-Risiko: Für Bankbelege gelten strenge Aufbewahrungsfristen und Vorgaben (GoBD, DSGVO). Die manuelle Verwaltung von Löschfristen in einem PDF-Chaos ist fehleranfällig und bei Prüfungen ein rotes Tuch. Wer garantiert, dass wirklich *alle* relevanten Belege für den Zeitraum X vorhanden und auffindbar sind?

4. Workflow-Bremse: Prozesse wie die Rechnungsprüfung oder die monatliche Buchhaltungsabstimmung werden durch mühsames Suchen und manuelles Zuordnen ausgebremst. Effizienz sieht anders aus.

Ein reines „PDF-Dumping“ ist keine Archivierung, sondern lediglich eine digitale Ablage mit all den Nachteilen des physischen Archivs – nur ohne den Platzbedarf. Es fehlt die Intelligenz, die Struktur, der Metadaten-Kontext.

Paperless-ngx: Mehr als nur ein PDF-Viewer

Paperless-ngx, die aktive Weiterentwicklung des ursprünglichen Paperless-Projekts, versteht sich nicht als einfacher Dokumentenspeicher, sondern als ein intelligentes Dokumenten-Management-System (DMS), das genau diese Lücken schließen will. Sein Kern liegt in der automatischen Anreicherung von Dokumenten – insbesondere PDFs, aber auch anderen Formaten wie JPEG, PNG oder E-Mails – mit wertvollen Metadaten und durchsuchbarem Text.

Die entscheidenden Säulen:

1. Optical Character Recognition (OCR) als Grundvoraussetzung: Paperless-ngx nutzt Tesseract OCR, um Text aus gescannten Bildern oder PDF-Bilddateien zu extrahieren. Das Ergebnis: Aus einer unstrukturierten Bilddatei wird ein durchsuchbares PDF/A (das archivtaugliche PDF-Format). *Jedes* Wort in Ihren Bankauszügen, auch handschriftliche Notizen (sofern leserlich), wird indexiert.

2. Automatisierte Metadaten-Zuordnung: Der Zauber der Klassifikation
Hier zeigt Paperless-ngx seine eigentliche Stärke. Statt manuell jedes Dokument zu taggen, setzt es auf:
* Tags: Schlagworte wie „Kontoauszug“, „Kreditkarte“, „Sparkasse“, „Steuerrelevant“.
* Dokumententypen: Strukturierte Kategorien wie „Rechnung“, „Vertrag“, „Beleg“ – oder eben „Bankbeleg“.
* Korrespondenten: Wer ist der Absender/Empfänger? („Sparkasse XYZ“, „PayPal“, „Lieferant ABC“).
* Speicherorte: Logische Ablagepfade (optional, oft durch Tags/Dokumententypen abgedeckt).
* Benutzerdefinierte Felder: Für spezifische Daten wie Kontonummer, Buchungsdatum (häufig automatisch ausgelesen!), Betrag, Verwendungszweck.

Die Zuordnung erfolgt weitgehend automatisch durch:
* Intelligente Parsing-Algorithmen (Consume): Paperless-ngx analysiert den Dokumenteninhalt und den Dateinamen beim Import. Erkennt es typische Muster (z.B. „Auszug_Konto12345_202310.pdf“), kann es automatisch Korrespondent (Sparkasse), Dokumententyp (Kontoauszug), Datum (Okt. 2023) und ggf. benutzerdefinierte Felder (Kontonummer) zuordnen.
* Matching-Regeln (Matching Assignments): Administratoren definieren Regeln basierend auf Inhalten. Beispiel: „Wenn Dokumententitel ‚Visa‘ enthält, dann Tag ‚Kreditkarte‘ und Korrespondent ‚Bank XYZ‘ zuweisen“.
* Maschinelles Lernen (Optional): Die integrierte „Automatische Klassifizierung“ lernt aus manuellen Zuordnungen und schlägt mit der Zeit immer treffsicher Korrespondenten, Dokumententypen und Tags vor.

3. Mächtige Suchfunktion: Die Kombination aus durchsuchbarem Volltext und reichhaltigen Metadaten macht die Suche extrem mächtig. Finden Sie alle Kontoauszüge der Sparkasse von 2023, die eine Gebühr über 10€ enthalten? Oder eine bestimmte Buchung an Lieferant ABC im letzten Quartal? Paperless-ngx liefert Ergebnisse in Sekunden, nicht Stunden.

4. Aufbewahrungsrichtlinien (Retention Policies): Dies ist der Schlüssel zur Compliance. Legen Sie pro Dokumententyp oder Tag fest, wie lange die Belege aufbewahrt werden müssen (z.B. „Bankbelege: 10 Jahre“). Paperless-ngx überwacht automatisch die Fristen und kann Dokumente zur Löschung vorschlagen oder (konfigurierbar) automatisch in einen gesicherten „Löschkorb“ verschieben. Ein enormer Vorteil gegenüber manuellen Lösungen.

Bankbelege im Fokus: Die Paperless-ngx-Praxis

Wie sieht nun der konkrete Workflow für die Archivierung eines Bankbelegs mit Paperless-ngx aus?

1. Erfassung (Consume):
* Physische Belege: Scannen per Multifunktionsgerät oder Smartphone-App (z.B. via SMB-Share oder Paperless eigener Consume-Folder). Wichtig: Qualitativ hochwertige Scans (300dpi, guter Kontrast) für eine zuverlässige OCR.
* Digitale Belege (PDFs): Direkter Download vom Online-Banking oder Mail-Anhang in den „Consume“-Ordner von Paperless-ngx. Idealerweise im Original-PDF-Format, falls dieses bereits durchsuchbaren Text enthält – dann entfällt die OCR, was schneller ist.
* E-Mails: Paperless-ngx kann E-Mails (via IMAP) direkt abrufen. Anhänge wie PDF-Belege werden automatisch importiert, der E-Mail-Text kann als zusätzliches Dokument oder Notiz gespeichert werden – wertvoller Kontext!

2. Automatische Verarbeitung (Konsumierung):
Sobald eine Datei im Consume-Ordner landet, startet der automatisierte Workflow:
1. OCR (falls nötig): Bild-PDFs oder Bilddateien werden OCR-gestützt in durchsuchbare PDF/A konvertiert.
2. Metadaten-Extraktion: Paperless-ngx versucht, Datum, Korrespondent, Beträge, Kontonummern etc. aus Text und Dateinamen zu parsen.
3. Automatische Klassifizierung (ML): Basierend auf Trainingsdaten werden Dokumententyp („Bankbeleg“), Korrespondent („Bank XYZ“) und Tags („Kontoauszug“, „Steuer“) vorgeschlagen.
4. Regelbasiertes Matching: Vordefinierte Regeln verfeinern die Zuordnung (z.B. „Wenn Korrespondent ‚PayPal‘, dann Tag ‚Onlinezahlung'“).
5. Speicherung: Das Dokument wird im konfigurierten Speicher (z.B. lokales Verzeichnis, S3-kompatibler Object Storage) abgelegt, die Metadaten in der Datenbank (meist PostgreSQL) indexiert.

3. Manuelle Nachbearbeitung & Prüfung:
Trotz Automatisierung ist menschliche Kontrolle essenziell. Paperless-ngx zeigt neu importierte Dokumente zur Überprüfung an:
* Korrektes Datum? (Oft klappt die automatische Erkennung gut, Ausnahmen bestätigen die Regel).
* Richtiger Korrespondent?
* Passende Tags?
* Sind benutzerdefinierte Felder (Kontonummer, Endbetrag) korrekt befüllt?
* Dokumententyp stimmt? (Kontoauszug vs. Kreditkartenabrechnung).
Ein paar Klicks genügen für Korrekturen. Der Clou: Diese manuellen Korrekturen trainiert gleichzeitig das ML-Modell für zukünftige Dokumente.

4. Archivierung & Auffindbarkeit:
Das Dokument ist jetzt vollständig indexiert und verschlagwortet. Der Nutzer kann es über:
* Die Suche: Volltext („Gebühr Überziehung“) oder Metadaten (Datum: 2023-10, Typ: Kontoauszug, Korrespondent: Volksbank, Tag: Gebühren).
* Filter: Kombinationen von Tags, Korrespondenten, Dokumententypen, Datumsbereichen.
* Das Dashboard: Übersicht über Neuzugänge, ausstehende Aufgaben, Dokumente ohne Tags etc.
schnell finden. Das Original-PDF/A bleibt stets erhalten und kann eingesehen, heruntergeladen oder geteilt werden.

5. Lebenszyklus-Management:
Paperless-ngx überwacht kontinuierlich die definierten Aufbewahrungsfristen. Bankbelege mit einer 10-Jahresfrist werden automatisch als „zur Löschung anstehend“ markiert, sobald die Frist abläuft. Der Administrator erhält eine Übersicht und kann die Löschung bestätigen oder dokumentieren. Ein durchgängiger Prozess, der GoBD-konformes Handeln deutlich erleichtert.

Betriebliche Organisation: Paperless-ngx als Katalysator

Die Einführung von Paperless-ngx ist kein rein technisches IT-Projekt. Sie hat unmittelbare Auswirkungen auf betriebliche Abläufe und erfordert ein Umdenken:

Workflow-Optimierung:
* Rechnungsprüfung: Bankbelege für Zahlungseingänge sind direkt mit der entsprechenden Rechnung verknüpfbar (über Tags oder Notizen). Die Prüfung von Zahlungseingängen wird beschleunigt.
* Monatlicher Abschluss: Statt mühsamer Suche nach allen Belegen eines Monats: Einfach Filter auf Monat und Dokumententyp „Bankbeleg“ setzen. Vollständigkeitskontrolle auf einen Blick.
* Audit & Prüfungen: Externe Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater erhalten (kontrollierten) Zugriff auf einen klar strukturierten, durchsuchbaren Datenbestand. Nachweise sind schnell erbracht. Ein interessanter Aspekt ist die mögliche Zeitersparnis bei Prüfungen, die die Implementierungskosten oft relativiert.
* Mandantenfähigkeit (Optional): Für Steuerberater oder Unternehmen mit mehreren Gesellschaften: Tags oder spezifische Korrespondenten ermöglichen die saubere Trennung von Mandanten- oder Gesellschaftsdokumenten in einer Instanz.

Rollen und Rechte:
Paperless-ngx bietet ein feingranulares Berechtigungssystem. Nicht jeder Mitarbeiter muss alle Bankbelege sehen können. Definieren Sie wer:
* Dokumente importieren/darf (z.B. nur Buchhaltung).
* Metadaten ändern/kann (z.B. nur Administratoren oder spezielle Power-User).
* Aufbewahrungsrichtlinien anpassen/darf (meist nur Compliance-Verantwortliche).
* Dokumente löschen/kann (strikt kontrolliert!).
Diese Trennung ist für Datenschutz und Compliance unerlässlich.

Die Kultur des „Paperless“
Der größte Stolperstein ist oft nicht die Technik, sondern die Gewohnheit. Erfolg setzt voraus:
* Konsequentes Scannen/Importieren: Jeder Beleg muss zeitnah erfasst werden. Keine „später“-Stapel!
* Akzeptanz der Nachbearbeitung: Die Minuten, die nach dem Import für die Kontrolle investiert werden, sparen später Stunden an Suchzeit. Dabei zeigt sich: Je besser die Automatisierung trainiert ist, desto geringer wird der Nachbearbeitungsaufwand.
* Schulung der Anwender: Die Mitarbeiter müssen die Vorteile verstehen und kompetent mit der Suche und den Filtern umgehen können.

Sicherheit und Compliance: Nicht verhandelbar bei Finanzdaten

Bankbelege enthalten hochsensible Informationen. Ihre Verwaltung in Paperless-ngx erfordert besondere Sorgfalt:

1. Infrastruktursicherheit:
* Server-Standort: Wo läuft Paperless-ngx? Lokal im eigenen Rechenzentrum (empfohlen für maximale Kontrolle) oder bei einem europäischen Cloud-Provider (z.B. Hetzner, IONOS)? DSGVO-Konformität ist Pflicht.
* Zugriffsschutz: Starke Authentifizierung (Benutzer/Passwort, idealerweise 2FA), Verschlüsselung der Verbindung via HTTPS (TLS), Firewall-Regeln.
* Datenverschlüsselung: Verschlüsselung der Datenbank und/oder des Dokumentenspeichers (z.B. mittels LUKS für lokale Platten oder Server-Side-Encryption bei S3) ist dringend anzuraten, besonders bei Cloud-Betrieb. Ruhende Daten müssen geschützt sein.
* Backup & Recovery: Regelmäßige, getestete Backups der Paperless-ngx-Datenbank UND des Dokumentenspeichers sind essenziell. Ein Ransomware-Angriff darf nicht das Ende Ihrer digitalen Buchhaltung bedeuten. Automatisierte Backups (z.B. via BorgBackup, Restic) auf ein separates System oder in eine andere Zone sind Pflicht.

2. GoBD-Konformität:
Die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form“ sind das Regelwerk schlechthin. Paperless-ngx kann ein wertvolles Werkzeug für die Einhaltung sein, wenn korrekt eingesetzt:
* Vollständigkeit & Richtigkeit: Die Dokumente müssen vollständig und unverändert archiviert werden. Paperless-ngx speichert das Original-PDF/A und protokolliert Änderungen an Metadaten (Audit-Log). Manipulationen am Originalinhalt sind nicht vorgesehen und würden die Integrität zerstören.
* Ordnung & Auffindbarkeit: Die strukturierte Ablage mittels Metadaten (Datum, Korrespondent, Typ) und die mächtige Suche erfüllen das Ordnungsgebot und garantieren die zeitnahe Auffindbarkeit.
* Nachvollziehbarkeit (Audit Trail): Paperless-ngx protokolliert wer wann welches Dokument importiert, geändert (Metadaten!) oder gelöscht hat. Dieses Audit-Log ist für Prüfungen unverzichtbar.
* Aufbewahrungsfristen: Die automatische Verwaltung von Löschfristen via Retention Policies ist ein Killer-Feature für die GoBD. Sie stellt sicher, dass Belege nicht versehentlich zu früh gelöscht werden, aber auch nicht unnötig lange vorgehalten werden (Datenminimierung nach DSGVO).
* Revisionssicherheit: Während Paperless-ngx selbst nicht zertifiziert revisionssicher im engen Sinne ist (das wäre ein spezialisiertes ECM-System mit WORM-Speicher), kann es durch die Integration mit revisionssicheren Speichersystemen (z.B. bestimmte S3-Backends mit Object Lock) oder durch konsequente Prozesse und Backups einen sehr hohen, praktikablen und prüfungsfesten Standard erreichen. Wichtig ist die Dokumentation der eingesetzten Verfahren.

3. Datenschutz (DSGVO):
* Zugriffsbeschränkung: Feingranulare Berechtigungen stellen sicher, dass nur befugte Personen auf Bankdaten zugreifen können (Need-to-know-Prinzip).
* Datenminimierung: Retention Policies sorgen für die rechtzeitige Löschung.
* Betroffenenrechte: Paperless-ngx hilft, personenbezogene Daten (die auch auf Bankbelegen vorkommen können, z.B. Kontoinhaber) auf Anfrage zu finden (Suche) und zu löschen oder zu berichtigen (wobei die Löschung des Originalbelegs aus Compliance-Sicht oft nicht möglich ist – hier sind gesonderte Lösungen wie Schwärzung nötig, die Paperless nicht direkt bietet).
* Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten (VVT): Der Betrieb von Paperless-ngx zur Bankbelegarchivierung muss im VVT dokumentiert werden.

Von der Theorie zur Praxis: Implementierung und Betrieb

Die Installation von Paperless-ngx ist dank Docker und umfassender Dokumentation vergleichsweise einfach, auch für Administratoren mit moderater Container-Erfahrung. Der Teufel steckt wie immer im Detail und im laufenden Betrieb.

Hardware: Kein Hexenwerk, aber planen
* CPU: Die OCR ist CPU-intensiv. Für kleine Umgebungen (einige hundert Dokumente/Monat) reicht ein moderner 4-Kern-Prozessor. Bei hohem Aufkommen oder vielen parallelen Imports werden mehr Kerne benötigt.
* RAM: Mindestens 4GB, besser 8GB oder mehr – besonders für die Datenbank (PostgreSQL) und bei vielen gleichzeitigen OCR-Jobs.
* Storage: Der Platzbedarf hängt stark vom Dokumentenvolumen und der Scan-Qualität ab. Kalkulieren Sie pro gescanntem Beleg (DIN A4) mit ca. 100-500KB (PDF/A nach OCR). Hinzu kommt die Datenbankgröße (Metadaten). Planen Sie Wachstum ein und setzen Sie auf SSDs für Performance. Für größere Installationen ist ein separater, skalierbarer Object Storage (MinIO, AWS S3, etc.) ideal.
* Backup-Speicher: Muss räumlich und/oder technisch getrennt sein (3-2-1 Regel: 3 Kopien, 2 Medien, 1 extern).

Docker: Fluch und Segen
Die offizielle Docker-basierte Installation vereinfacht das Setup und Updates enorm. Administratoren müssen jedoch Docker und Docker Compose verstehen. Updates erfordern Downtime (wenige Minuten) und ein sicheres Backup davor. Die Konfiguration erfolgt primär über Umgebungsvariablen (`.env`-Datei) – saubere Dokumentation ist Pflicht.

Integrationen: Der Arbeitsfluss
* Scanner/MFDs: Konfigurieren Sie Ihre Geräte, um gescannte Dokumente direkt per SMB, SFTP oder Email in den Paperless-ngx „Consume“-Ordner zu senden.
* E-Mail-Postfächer: Richten Sie einen dedizierten Mail-Account (z.B. belege@firma.de) ein und konfigurieren Sie Paperless-ngx, um regelmäßig E-Mails mit Anhängen von dort abzuholen (IMAP). Automatische Regeln im Mailserver können vorfiltern.
* Cloud-Speicher: Paperless-ngx unterstützt S3-kompatible Object Storage Backends für die Dokumentenablage (nicht die Datenbank!). Ideal für Skalierbarkeit und Trennung von Applikation und Daten.
* APIs: Die REST-API von Paperless-ngx ermöglicht die Integration in eigene Skripte oder andere Anwendungen, z.B. zum automatischen Abgleich mit Buchhaltungssoftware (hier ist jedoch oft manuelle Entwicklung nötig).

Best Practices für den Erfolg
* Start klein, denke groß: Beginnen Sie mit einem klar definierten Use-Case (z.B. *nur* Kontoauszüge einer Bank). Sammeln Sie Erfahrungen, trainieren Sie die Automatisierung, bevor Sie weitere Dokumentenströme hinzufügen.
* Taxonomie vorab definieren: Legen Sie *vor* dem Import eine klare Struktur für Tags, Dokumententypen, Korrespondenten und benutzerdefinierte Felder fest. Konsistenz ist alles! Vermeiden Sie Tag-Wildwuchs („konto“, „Konto“, „Auszug“, „Banking“ – wählen Sie einen Standard!).
* Investition in Training (ML): Nehmen Sie sich Zeit für die manuelle Korrektur der ersten Importe. Je besser das ML-Modell trainiert wird, desto weniger Nacharbeit ist später nötig. Paperless-ngx lernt kontinuierlich dazu.
* Retention Policies früh planen: Definieren Sie frühzeitig Ihre Aufbewahrungsfristen für die verschiedenen Belegarten und implementieren Sie diese in Paperless. Das ist kein Feature für „später“.
* Backup-Strategie testen: Ein Backup ist nur gut, wenn die Wiederherstellung funktioniert. Testen Sie Ihr Recovery regelmäßig!
* Community nutzen: Die Paperless-ngx Community (GitHub, Forum) ist aktiv und hilfsbereit. Viele Fragen wurden bereits beantwortet.

Paperless-ngx im Ökosystem: Grenzen und Zukunft

Paperless-ngx ist kein vollwertiges Enterprise-Content-Management (ECM) System wie OpenText oder Alfresco. Es fehlen komplexe Workflow-Engines, detaillierte Versionierung von Dokumenten oder native Integration in ERP-Systeme. Es ist primär ein hervorragendes Werkzeug für die persönliche oder team-basierte Dokumentenarchivierung mit starkem Fokus auf Automatisierung und Auffindbarkeit.

Spannende Entwicklungen und Erweiterungsmöglichkeiten:
* Verbesserte KI/ML: Stärkere Nutzung von KI für noch präzisere Klassifizierung und Extraktion spezifischer Datenfelder (z.B. Saldo, einzelne Buchungsposten).
* Deep-Learning-OCR: Bessere Erkennung von handschriftlichen Notizen oder schlechten Scans.
* Mobile Apps: Bessere native Apps zum direkten Scannen und Importieren unterwegs.
* Stärkere Buchhaltungsintegration: Einfacherer Austausch von Metadaten (Belegnummern, Beträge) mit Programmen wie Lexware, Datev oder sevDesk, auch wenn dies oft über individuelle Skripte/APIs gelöst wird.
* Alternative Speicher-Backends: Erweiterte Unterstützung für verschiedene Cloud-Speicher und Dateisysteme.

Nicht zuletzt profitiert Paperless-ngx von seiner quelloffenen Natur. Die aktive Community treibt die Entwicklung stetig voran, Sicherheitslücken werden schnell geschlossen, neue Features entstehen aus konkreten Bedarfen.

Fazit: Ein Quantensprung für die digitale Buchhaltung

Die Archivierung von Bankbelegen mit Paperless-ngx ist kein Selbstläufer. Sie erfordert initialen Aufwand für Setup, Taxonomie-Definition und Training der Automatismen. Sie erfordert Disziplin bei der Erfassung und Nachbearbeitung. Und sie erfordert ein klares Bekenntnis zur Sicherheit und Compliance.

Doch die Investition lohnt sich. Paperless-ngx transformiert das digitale Dokumentenchaos in ein strukturiertes, durchsuchbares und beherrschbares Archiv. Es schafft die Voraussetzungen für signifikante Effizienzgewinne in der Buchhaltung und bei Prüfungen. Es reduziert das Compliance-Risiko durch automatisierte Aufbewahrungsfristen und Audit-Logs. Und nicht zuletzt befreit es Mitarbeiter von der frustrierenden Suche nach der Nadel im digitalen Heuhaufen.

Für IT-affine Entscheider und Administratoren bietet Paperless-ngx eine überzeugende, kosteneffiziente (da Open Source) und flexibel anpassbare Alternative zu teuren, oft überdimensionierten kommerziellen DMS-Lösungen oder dem unhaltbaren Status Quo des PDF-Wildwuchses. Es ist ein Werkzeug, das die betriebliche Organisation rund um Finanzdokumente tatsächlich in die digitale Gegenwart holt. Die Frage ist nicht mehr *ob* man Bankbelege digital archivieren sollte, sondern *wie* man es endlich richtig macht. Paperless-ngx bietet eine sehr überzeugende Antwort darauf.